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Gemeindefusionen in Deutschland

Eine Gemeindefusion (auch Gemeindezusammenlegung oder Gemeindezusammenschluss) ist im deutschen Kommunalrecht der freiwillige oder erzwungene Zusammenschluss von mindestens zwei Gemeinden zu einer neuen Gemeinde als Rechtsnachfolgerin. Besitzen alle der fusionierenden Gemeinden Stadtrechte, so spricht man von Städtefusion.

Die Gemeindefusion ist kein kommunalrechtlicher Begriff. Vielmehr ist in § 16 HessGemO vorgesehen, dass aus Gründen des öffentlichen Wohls Gemeindegrenzen geändert, Gemeinden aufgelöst oder neu gebildet werden können. Dabei sind die beteiligten Gemeinden und Landkreise vorher zu hören. Werden durch die Änderung von Gemeindegrenzen die Grenzen von Landkreisen berührt, so bewirkt die Änderung der Gemeindegrenzen auch die Änderung der Kreisgrenzen. Gemeindegrenzen können freiwillig durch Vereinbarung der beteiligten Gemeinden mit Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde geändert werden. Die Vereinbarung muss von den Gemeindevertretungen der beteiligten Gemeinden mit der Mehrheit der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreter beschlossen werden. Nach § 16 Abs. 4 HessGemO können Gemeindegrenzen gegen den Willen der beteiligten Gemeinden nur durch Gesetz geändert werden. Das gilt auch für die Neubildung einer Gemeinde aus Teilen einer oder mehrerer Gemeinden. Durch Gemeindefusion wird das Ortsrecht der aufnehmenden Gemeinde ausgedehnt und das der beseitigten Gemeinde aufgehoben.

Gemeindefusionen können sich vor allem auf Wohn- und Geschäftssitz, Wahlkreise, Schulen, Gemeindesteuern oder Sparkassen auswirken.

So führten beispielsweise Gebietsänderungen aufgrund der Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen zu erheblichen Übertragungen von Sparkassenzweigstellen.[1] Durch die Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen vom Januar 1975 verlor die Kreissparkasse Köln (KSK) 26 Zweigstellen an die Stadtsparkasse Köln; dieses „Köln-Gesetz“ brachte die Auflösung der ehemaligen Landkreise Köln und Bergheim mit sich, die im Erftkreis aufgingen. Die Übertragung der nunmehr außerhalb des Gewährträgergebiets liegenden Filialen der KSK wurde zum 30. Juni 1983 durch die Sparkassenaufsicht angeordnet. Der Oberbergische Kreis wurde im Januar 1985 Mitglied des Sparkassenzweckverbandes, wodurch die Kreissparkasse Waldbröl in der KSK Köln aufging; im Dezember 1988 erhielt die KSK Köln acht Filialen der Kreissparkasse Euskirchen.

Durchgeführte Fusionen in Deutschland

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Gemeindefusionen nach Bundesländern

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Bundesland angelegte Artikel
Baden-Württemberg Gebietsreform in Baden-Württemberg
Bayern Gebietsreform in Bayern
Brandenburg Liste der Gebietsänderungen in Brandenburg, Gemeindereform Brandenburg 2003
Hessen Gebietsreform in Hessen
Mecklenburg-Vorpommern Liste der Gebietsänderungen in Mecklenburg-Vorpommern
Niedersachsen Liste der Gebietsänderungen in Niedersachsen, Gebietsreform in Niedersachsen
Nordrhein-Westfalen Gebietsänderungen in Nordrhein-Westfalen, Gebietsreform in Nordrhein-Westfalen
Rheinland-Pfalz Gebietsreformen in Rheinland-Pfalz
Saarland Gebiets- und Verwaltungsreform im Saarland 1974
Sachsen Liste der Gebietsänderungen in Sachsen
Sachsen-Anhalt Liste der Gebietsänderungen in Sachsen-Anhalt, Gemeindegebietsreform in Sachsen-Anhalt 2004/2005
Schleswig-Holstein Liste der Gebietsänderungen in Schleswig-Holstein seit dem 1. Januar 2000
Thüringen Liste der Gebietsänderungen in Thüringen, Gebietsreform in Thüringen

Beispiele (Auswahl)

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Baden-Württemberg

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neuer Name aufgelöste Gemeinden Jahr
Albstadt Ebingen (bereits Stadt), Onstmettingen, Pfeffingen, Tailfingen (bereits Stadt) 1975
Bad Friedrichshall Kochendorf, Jagstfeld, Hagenbach 1933, 1935 erweitert
Ballrechten-Dottingen Ballrechten, Dottingen 1971
Leinfelden-Echterdingen Leinfelden, Echterdingen, Musberg, Stetten auf den Fildern 1975
Villingen-Schwenningen Villingen (bereits Stadt) mit Teilort Obereschach, Schwenningen (bereits Stadt) mit Teilort Mühlhausen, Herzogenweiler, Pfaffenweiler, Rietheim, Tannheim, Marbach, Weigheim, Weilersbach 1972, 1972 erweitert, 1974 erweitert, 1975 erweitert
Weinstadt Beutelsbach, Endersbach mit Teilort Strümpfelbach, Großheppach, Schnait 1975
Wernau (Neckar) Pfauhausen, Steinbach 1938
neuer Name aufgelöste Gemeinden Jahr
Dörfles-Esbach Dörfles, Esbach 1971
Garmisch-Partenkirchen Garmisch, Partenkirchen 1935
Seefeld Hechendorf a.Pilsensee, Meiling, Oberalting-Seefeld 1978
neuer Name aufgelöste Gemeinden Jahr
Ahnatal Heckershausen, Weimar 1972
Alsbach-Hähnlein Alsbach, Hähnlein 1977
Baunatal Altenbauna, Altenritte, Großenritte, Guntershausen, Hertingshausen, Kirchbauna, Rengershausen 1964; 1966, 1971 und 1972 erweitert
Fuldatal Ihringshausen, Knickhagen, Rothwesten, Simmershausen, Wahnhausen, Wilhelmshausen 1970
Habichtswald Dörnberg, Ehlen 1972
Niestetal Heiligenrode, Sandershausen 1972
Oberzent Beerfelden (bereits Stadt), Hesseneck, Rothenberg, Sensbachtal 2018
Schwalmstadt Treysa (bereits Stadt), Ziegenhain (bereits Stadt) und weitere Gemeinden 1970
Taunusstein Bleidenstadt, Hahn, Neuhof, Seitzenhahn, Watzhahn, Wehen, Hambach, Niederlibbach, Orlen und Wingsbach 1971
Wesertal Oberweser (Arenborn, Gewissenruh, Gieselwerder, Gottstreu, Heisebeck, Oedelsheim) + Wahlsburg (Lippoldsberg, Vernawahlshausen), 2020
neuer Name aufgelöste Gemeinden Jahr
Mandelbachtal Bebelsheim, Bliesmengen-Bolchen, Erfweiler-Ehlingen, Habkirchen, Heckendalheim, Ommersheim, Ormesheim, Wittersheim 1974
Rehlingen-Siersburg Rehlingen, Siersburg und 8 weitere 1974

Nicht durchgeführte Fusionen in Deutschland

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Einzelnachweise

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  1. Hans Pohl, Wirtschaft, Unternehmen, Kreditwesen, 2005, S. 1105